Wie ich zur Imkerin wurde!

Ich hatte eigentlich nie etwas mit Bienen zu tun. Außer, das ich einen Garten habe und während der Gartenarbeit die Bienen in den Apfelbäumen summen hörte. Ach ja, das erste Lied welches ich auf der Flöte als Kind erlernte war: „summ, summ, summ, Bienchen summ herum“. Das war es aber auch schon.
Bei einem Kurzurlaub las ich den Roman „Die Bienenhüterin“ von Sue Monk Kidd und ich hatte Blut geleckt. Die Geschichte erzählt von einer Imkerin in Amerika und das Thema lies mich nicht mehr los. Ich las stapelweise Fachbücher, von „Das Imkereinmaleins“ bis zum „Wochenendimker“ war nichts vor mir sicher. Es stand fest, ich wollte selbst Bienen halten!

Die Probeimker mit ihrem schwer verdienten Honig
Die Probeimker mit ihrem schwer verdienten Honig

Aber wie fängt man am Besten an? Ich hatte nur theoretisches Wissen aus Büchern und mein Respekt vor der Tierhaltung war sehr groß. Schließlich übernimmt man auch Verantwortung gegenüber den Tieren und ich wollte, daß die ganze Sache nicht scheitert.
Ich meldete mich an der Imkerschule in Landsberg zum Grundkurs an. Ich war überrascht wie viele und welch unterschiedliche Menschen dort anzutreffen waren. Es waren ältere Herren, die bereits seit Jahrzehnten Bienen hatten, junge Freaks mit Rasterlocken, die sich vor allem für Met interessierten, sehr alternative Frauen mittleren Alters, die sich biologisch ernähren wollen, neben mir saß ein Informatiker, der einen Ausgleich für seinen Beruf suchte und eine junge Türkin, deren Familie in der Heimat Bienen hatte.
Dort lernte ich viel Theorie, leider war es bei fast 60 Teilnehmer nicht mehr möglich, sich praktische Fertigkeiten anzueignen. Dazu war die Gruppe viel zu groß.
Nun war guter Rat teuer! Die Lösung fand ich im Imkerverein Kaufering-Igling. Dort wurde das „Probeimkern“ angeboten. Ich nahm Kontakt auf und ich wurde von dem Vorsitzenden Hr. Rasso Schorer nach einem Gespräch zum Probeimkern 2011 eingeladen.

Probeimkern 2011

Ich konnte den Start kaum abwarten! Endlich ging es im März los. Wir waren eine kleine Gruppe von 5 Erwachsenen und 2 jugendlichen Brüdern, die ihre Mutter begleiteten. In Rasso`s Garage löteten wir Mittelwände ein, nagelten Abstandsnägel in die Rähmchen, schnitten Wachsplatten zu und lernten den Aufbau einer Dadantbeute kennen. Dabei unterstützen uns 3 Imker, die uns nun das ganze Bienenjahr über begleiteten. Als jeder von uns seine Grundausrüstung, als da wäre: Stockmeißel, Smoker, Imkerjacke mit Schleier, Mittelwände und Besen bekam, war unser Glück perfekt.
Hier möchte ich mich bedanken bei Rasso, Franz und Werner, die fast jeden Samstag abends  mit uns am Lehrbienenstand waren und sich viel Zeit genommen haben. Alle drei hatten eine Engelsgeduld mit uns. Denn beim Fragen stellen waren wir hervorragend. Alle haben dies mit einer stoischen Ruhe über sich ergehen lassen. Gut, dass es solche Menschen wie sie gibt!
Da die Gruppe sehr klein war, habe ich dort viel gelernt. Vor allem mussten wir alle mit anpacken, „learning by doing“ war die Devise, und das war gut so!

Zwischen Angst, Respekt und Begeisterung

Da der Frühling 2011 bereits sehr früh begann, konnten wir bereits im April an den Bienen arbeiten. 5 Beuten standen uns zur Verfügung, diese wurden an uns verteilt. Ich hatte die Nummer eins gezogen. Ich war stolz! Jetzt hatte ich ein „eigenes“ Bienenvolk. Für dieses war ich das Jahr über zuständig. Das erste Mal ist in jeder Hinsicht etwas besonderes, jedoch gewaltig ist, wenn man einen Bienenstock öffnet. Tausende von Bienen krabbeln und summen vor einem herum. Es ist ein Gefühl zwischen Angst und Respekt. Der Respekt weicht im Laufe der Zeit großer Bewunderung für diese Tiere. Wie die Natur das Zusammenleben regelt und wie gut alles organisiert ist, kann jeden nur begeistern!
Vorsichtig zieht man eine Wabe nach der anderen heraus und begutachtet ob sie bestiftet ist. Ich muss zugeben, daß es 5-6 Wochen gedauert hat, bis ich dafür einen Blick bekommen habe. Beruhigend war, daß es meinen Kolleginnen und Kollegen auch nicht anders erging.

Jedem Tierchen sein Blessierchen

Ich hatte das Volk Nr.1. Dieses war sehr sanftmütig und ruhig. Im Laufe des Jahres wurde ich nur drei mal in den Finger gestochen, weil ich eine Biene gequetscht hatte. Sehr temperamentvoll war das Volk Nr. 5 von Sylvia. Kaum wurde die Beute geöffnet, kamen schon die ersten Schreie von ihr. Ich glaube, dieses Volk bestand aus 90% Wächterbienen. Trotzdem liebte sie dieses Volk als das ihre. Wenn ein Volk sehr angriffslustig ist, wird es umgeweiselt. Das heißt, die Königin wird getötet und durch eine Sanftmütigere ersetzt. Dies hat Werner erledigt und löste trotz großem Verständnis doch auch Betroffenheit aus. Man glaubt nicht wie unterschiedlich der Charakter der Bienenvölker ist. Es ist eigentlich wie bei den Menschen, es gibt Gemütliche, Hektische, Temperamentvolle und Langsame. Ich habe auch gelernt auf die äußeren Umstände zu achten. z.B. Bienenvölker reagieren gereizt, wenn  ein Gewitter aufzieht, wenn es zu regnen beginnt, wenn der Honigraum gefüllt ist, wenn die Königin abhanden gekommen ist und so weiter.
Wir haben gelernt auf uns selbst zu achten. Hektik, Stress, fahrige Bewegungen oder Angst haben nichts am Lehrbienenstand zu suchen. Das spüren sie und greifen an. Man lernt, sich „herunter zu fahren“ und sich Zeit zu nehmen. Darum ist dieses Hobby für mich sehr wertvoll und ein guter Ausgleich zu meinem Beruf.

Wo ist die Königin?

Spannend war die wöchentliche Suche nach der Königin. Wochenlang haben wir, egal in welcher Beute, keine gefunden. Da Drohnen wesentlicher größer und dicker sind als Arbeitsbienen, ließen wir uns häufig von ihnen irritieren. Es war wie verhext. Selbst Rasso, Franz und Werner hatten keinen Erfolg! Das Volk Nr. 3 von Ariana gab sie dann doch zum ersten mal preis! Ich war enttäuscht, ich hatte sie mir irgendwie auffälliger vorgestellt. Dabei war sie nur lang, braun und dünn. Wir haben gelernt, wie man so eine Königin mit Farbe markiert und weil sie sich so rar gemacht haben, mussten zum üben Drohnen herhalten.

Wo viel Licht, da gibt`s auch Schatten

Leider haben Bienen nun mal Stacheln um ihr Volk zu verteidigen. Keiner von uns kam ungeschoren davon. Ich hatte Glück, wie bereits erwähnt wurde ich nur selten, und dann nur in die Finger gestochen. Nur wenige Stunden war mein Tastsinn etwas irritiert, mehr Nebenwirkungen hatte ich nicht.
Wir haben gelernt, daß man mit Spitzwegerich, der gleich daneben auf der Wiese wächst, die Symptome etwas abschwächen kann.

Auf den Fleiß folgt der Honig

Endlich war es soweit, es ging an die Ernte! Wir lernten was eine Bienenflucht ist, wie schwer Honigwaben sein können und wie arbeitsaufwendig das Schleudern und Abfüllen von Honig ist. Honig ist eines der natürlichsten und gesündesten Nahrungsmittel überhaupt. Seit ich weiß wie aufwendig seine Verarbeitung ist und wie viel Einsatz der Bienen notwendig ist um ihn zu gewinnen, schätze ich seinen Wert sehr viel mehr. Von Werner lernten wir die Verarbeitung und Anwendung von Propolis. Ich hatte durchaus davon gehört, aber noch nie selbst angewandt. Bei meiner letzten Erkältung hat es sich auf jeden Fall schon `mal bewährt.

Auf und davon

Bei aller Liebe zu meinem Volk kam ich um eine Enttäuschung nicht herum! Wochenlang habe ich sie gewissenhaft betreut, nach Stiften gesucht und gemeinsam mit Diana alle Weiselzellen entfernt. Diana war sozusagen unser „Küken“ und beim Auffinden von Weiselzellen große Klasse. Der Schreck war groß, als eines Tages deutlich weniger Bienen in meiner Beute waren als bei der vorherigen Kontrolle. Ein Teil meines Volkes war ausgeschwärmt und nicht mehr auffindbar. Das war das Ende für meinen Ableger! Meine Enttäuschung war sehr groß! Naja, so ist es nun einmal in der Natur, alles hat seine eigenen Gesetze und wir Menschen können vieles nicht beeinflussen. Auch dies macht den Reiz des Imkerns aus.

Ärger mit Schmarotzer

Wer Bienen hält übernimmt Verantwortung und muss auch auf die Bienengesundheit achten.
Ich habe gelernt wie die Bekämpfung der Varroamilbe durchgeführt wird. Sie ist unumgänglich, um nicht seinen Bienenbestand zu verlieren.

Ende des Bienenjahres

Wie im Flug ist das Bienenjahr vergangen. Ich habe viele nette Leute kennengelernt, wir haben viel miteinander erlebt und sind uns bei privaten Gesprächen näher gekommen. Beim Probeimkern habe ich das Fachwissen und das Handling erlernt, das ich in Zukunft brauche. Auf meine Fragen wurde immer individuell eingegangen und auch jetzt noch kann ich telefonisch oder per e-mail Fragen an unsere „Lehrer“ richten. Aber man erlernt es nur durch Ausprobieren und Erfahrung.
Ich habe zeitgleich zu Hause 2 Völker betreut und das Erlernte zu Hause umgesetzt. Mittlerweile überwintern bei mir, hoffentlich erfolgreich, 4 Völker. Ich freue mich auf den Frühling wenn die Saison wieder beginnt. 4 Völker sind vom Zeitaufwand  überschaubar und wird von mir als Hobby und nicht als Arbeit empfunden. Seit ich Bienen habe beobachte ich die Jahreszeiten, die Blütenstände und das Wetter viel genauer. Die Natur wird von mir wieder viel bewusster und aufmerksamer wahrgenommen. Im Garten habe ich hunderte von Blumenzwiebeln gepflanzt. Acht bienengerechte Rosenstöcke kamen dazu und meine Weide im Hof werde ich nicht fällen, um das Nahrungsangebot der Bienen zu erhalten.

Die Imkerei ist nicht nur ein Hobby, sondern eine Lebenseinstellung. Für mich ist sie eine große Bereicherung und ein Ausgleich zu meinem hektischen Beruf. Ein Mitglied im Imkerverein Kaufering-Igling heißt Katrin. Sie sagte zu mir am Lehrbienenstand:
„Anfangs hatte ich Bienen, heute haben die Bienen mich!“
Diese Aussage kann ich nur bestätigen.

Gabi Muck, eine Probeimkerin 2011